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Empfehlungs-marketing mal andersherum

  • Autorenbild: Nina Müller-Peltzer
    Nina Müller-Peltzer
  • 10. März
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 11. März

Kommunikation reist schnell und kennt keine Grenzen. Wer also will, dass seine Botschaften tragen, sollte sicherstellen, dass sie belastbar sind. Empfehlungsmarketing kann nämlich auch andersherum: empfehlen, ein Unternehmen nicht zu wählen.



Kleine Infobox die mit Zahlen belegt, dass Empfehlungsmarketing auf Vertrauen basiert

Montagmorgen, All-hands-Meeting: Nach und nach loggen sich die Kollegen ins Teams-Megameeting ein. Eine knackige Stunde Firmenupdates – Neues aus der Geschäftsführung, wichtigste Entwicklungen im Unternehmen, grobe Planung für die Woche.


Der Geschäftsführer beginnt. Freudestrahlend berichtet er von hohem Besuch. Endlich hat es der Großkunde in die heiligen Hallen geschafft. Stolz wird über das Meeting berichtet, der Kunde gelobt, seine Marktmacht betont, der Wettbewerb müsse sich warm anziehen.


Die Reaktion der Belegschaft? Gespalten. Die eine Hälfte rückt noch näher an den Bildschirm, lächelt breit, nickt zustimmend, einzelne Raketchen und Tada-Tüten werden im Chat geteilt. Die andere Hälfte schaut verhalten, unsichere Blicke auf die Tastatur, neutrale Gesichter – wo bleibt die Freude?


Der Hintergrund: Der Kunde ist bekannt, hat einen zwielichtigen Ruf in der Branche, sein Geschäftsgebaren wurde schon mehrfach von offiziellen Stellen angemahnt. Moralisch ist er nicht einwandfrei.



Die blinden Flecken Interner Kommunikation


Wir könnten jetzt tiefer in das Thema des moralischen Kompasses am Arbeitsplatz eintauchen. Darum geht es hier aber nicht. Hier geht es um Kommunikation.

Es geht darum, dass ein kritischer Kunde unkritisch im Unternehmen kommuniziert wird. Die Mitarbeiter sollen sich freuen. Schließlich hat man mit diesem Kundengewinn – zumindest ökonomisch und zumindest für den Moment – einen großen Schritt nach vorne gemacht.


Sie fragen sich, was hätte man tun sollen? Den Kunden ablehnen? Ihn der Konkurrenz überlassen, nur weil einige Mitarbeiter moralische Bedenken haben? Und Sie denken sich: „Das ist Business, da müssen die durch.“


Richtig. Richtig ist aber auch: Sie haben Ihre Mitarbeiter nach bestem Wissen und Gewissen eingestellt. Sie haben vor sich 50, 150, vielleicht über 300 mündige, vernunftbegabte Menschen, die täglich unzählige Entscheidungen treffen – beruflich wie privat. Sie informieren sich. Sie tauschen sich aus. Und sie bilden sich ein Urteil, ob Sie wollen, oder nicht. Nutzen Sie diese Dynamik erfolgreich für sich und Ihr Unternehmen, statt sie zu ignorieren.



Wie Sie Mitarbeiter in Ihre Entscheidungen einbinden


Wie das geht? Indem Sie Bedenken proaktiv aufgreifen und knapp, aber klar artikulieren, wie Ihre Entscheidungsfindung ablief. Natürlich brauchen Sie sich nicht vor Ihren Mitarbeitern rechtfertigen. Aber Sie sollten sie ernst nehmen und an Ihren Überlegungen teilhaben lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit diesem Ansatz?


„Heute starte ich mit der tollen Neuigkeit, dass wir Kunde XYZ für uns gewinnen konnten. Sie waren vergangene Woche bei uns und haben den Vertrag für die kommenden zwei Jahre unterschrieben. Das bringt uns in unserem Marktumfeld an die Spitze. Durch diesen Großauftrag werden wir in der Lage sein, unsere Marktanteile signifikant auszubauen. Wir werden mehr Arbeit haben, aber auch mehr Personal rekrutieren können. Für unsere Projekte haben wir jetzt wesentlich höhere Planungssicherheit.

Apropos Sicherheit: Ich kenne eure Bedenken und sehe einigen von euch an, dass euch nicht wohl dabei ist. Ich möchte euch sagen: Einen Kunden dieser Größe abzulehnen, wäre für uns mit enormen wirtschaftlichen Einbußen verbunden. Aber wir nehmen eure Bedenken ernst. Seid versichert, wir sind uns der kontroversen Haltung des Kunden bewusst und haben dies fest im Blick. Wir überprüfen engmaschig, ob ihr Verhalten mit unseren Unternehmenswerten vereinbar ist. Und wir scheuen uns nicht davor, Diskrepanzen diesbezüglich offen zu adressieren. Wenn ihr konkrete Fragen oder Bedenken habt, kommt gerne auf die Geschäftsleitung zu.“



Was Transparenz wirklich bringt


Eine transparente Kommunikation, die Offensichtliches nicht einfach wegignoriert, holt die Debatte aus dem Verborgenen. Wer klar zeigt, dass berechtigte Bedenken in die Entscheidung einbezogen und nicht ausgeblendet wurden, macht sich als Führungskraft glaubwürdig und stärkt das Vertrauen der Belegschaft in die Unternehmensleitung.


Sie müssen Ihre Mitarbeiter nicht in Watte packen, im Gegenteil. Sie müssen sie nehmen, als das, was sie sind: ernstzunehmende Bedenkenträger und vor allem: Projektoren Ihrer Haltung. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter nicht hören, ihre Anliegen nicht ernstnehmen, sich inhaltlich nicht auf Augenhöhe begegnen, werden diese ihren Frust im Kleinen, im Team, am Wasserspender, in der Kaffeeküche oder in der Mittagspause erörtern. Die Geschäftsleitung kommt dabei selten gut weg. Wobei wir wieder bei der Moral wären. Die sinkt tatsächlich auch bei den Mitarbeitenden, wenn diese das Gefühl haben, ihre Vorgesetzten seien unaufrichtig. Das gilt auch für die Bereitschaft, sich für das Unternehmen in die Bresche zu werfen. Denn wer einen unaufrichtigen Vorgesetzten hat, nimmt es mit der Aufrichtigkeit gegenüber dem Unternehmen mitunter auch nicht mehr so genau. Und von hier aus ist es dann nicht mehr weit und die ersten kommen nicht mehr zur Weihnachtsfeier, bringen sich nicht mehr in das Unternehmen ein, betreiben Silent Quitting oder werfen sogar ganz das Handtuch.



Kommunikation reist schnell – und kennt keine grenzen


Die Harvard Business Review hat herausgefunden, dass Mitarbeitende in Unternehmen mit hohem Vertrauensniveauum 50 % produktiver, um 76 % engagierter und um 74 % weniger gestresst sind als ihre Kollegen in Unternehmen mit niedrigem Vertrauensniveau. Und dabei bleibt es nicht. Denn auch diese Menschen reden. Mit Familie. Mit Freunden. Mit neuen Kollegen. Mit Recruitern.


Jeder von uns kennt mindestens ein Unternehmen, das uns unsympathisch wurde, weil ein Freund oder eine Kollegin dort eine schlechte Erfahrung gemacht hat.



Machen Sie den Test: Wie empfehlungswürdig ist Ihr Unternehmen?


Schlechte Kommunikation reist schnell und kennt keine Grenzen, genau wie gute. Ist Ihre Art zu Arbeiten und Ihr Umgang mit den Kollegen dagegen wertschätzend, transparent und aufrichtig, merken Sie das an Topbewertungen auf Kununu und Glassdoor und daran, dass ihre Mitarbeiter Freunde und Familienmitglieder für Stellen in Ihrem Unternehmen vorschlagen. Gehen Sie auf die bekannten Plattformen, lesen Sie sich durch, was Menschen, die Ihr Unternehmen von Innen kennengelernt haben, darüber denken. Ignorieren Sie die allgemeinen Tiraden, konzentrieren Sie sich auf konstruktiv kritische Punkte. Das ist es, was Personen, die mit dem Gedanken spielen mit Ihrem Unternehmen in Kontakt zu treten über Sie lesen werden. Es ist Empfehlungsmarketing – nur andersherum.



5 Schritte für eine aufrichtige Kommunikation im Unternehmen


Bei heiklen Themen gibt es meist nur eine Lösung – die Flucht nach vorn:


  1. Offene Fragen zulassen

    Ermutigen Sie Ihre Teams, Bedenken zu äußern, ohne Angst vor negativen Konsequenzen

  2. Den eigenen Anspruch leben

    Wer von Mitarbeitenden logische Abwägung und klare Kommunikation erwartet, sollte sie selbst vorleben

  3. Klare Argumentation liefern

    Entscheidungen verständlich machen, ohne sich zu rechtfertigen

  4. Kritische Themen proaktiv ansprechen

    Vermeiden Sie es, berechtigte Sorgen zu ignorieren oder abzuwerten

  5. Mitarbeitende als mündige Individuen behandeln

    Transparenz statt Bevormundung schafft Vertrauen und Rückhalt in der Belegschaft




Kommunikationsberaterin Nina Müller-Peltzer

Kommunikations-beratung – in Berlin oder remote



Gute Kommunikation ist kein Zufall – sie ist der entscheidende Erfolgsfaktor für Unternehmen. Ob intern oder extern: Klarheit, Vertrauen und strategische Kommunikation machen den Unterschied. Ich helfe Unternehmen dabei, Kommunikationsbarrieren abzubauen, Teams zu stärken und Botschaften zu entwickeln, die wirklich ankommen. Lassen Sie uns sprechen – über Kommunikation, die wirkt.



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