Motivation durch Kommunikation
- Nina Müller-Peltzer
- 8. Jan.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. März
Kürzlich wurde ich von einem mittelständischen Unternehmen als Kommunikationsberaterin für eine Teamschulung angefragt. Die Herausforderung im Unternehmen laut der Geschäftsleitung: die Mitarbeiter würden zunehmend passiv auftreten, es fehle an Motivation. Man habe, so die Personalleitung, den Eindruck, die Mitarbeiter zögen sich regelrecht zurück und bräuchten sehr viel Anleitung und Antrieb, um konstante Leistung zu erbringen. Die Geschäftsleitung wünscht sich mehr Motivation und eine stärkere Anpacker-Mentalität. Zu diesem Zweck wurden bereits viele Incentives wie gemeinsame Feierlichkeiten eingeführt, die den Zusammenhalt und das Teamgefühl stärken und letztlich die Leistungsbereitschaft fördern sollten. Bisher aber ohne Erfolg.
Um mir einen ersten Überblick über die Kommunikationsmuster und Unternehmenskultur zu verschaffen, nahm ich als stiller Beobachter bereits im Vorfeld an einem Team-Meeting teil. Die Vertriebsleitung hatte die Mitarbeiter aus der Sales- sowie der Customer Service-Abteilung eingeladen, um Herausforderungen im Vertriebsprozess zu besprechen. Der Schwerpunkt lag auf professioneller Kundenkommunikation und Glaubwürdigkeit im Verkaufsprozess. Dabei kamen auch Fragen zur Handhabung von verspäteten Produktauslieferungen und Rückmeldungen auf Kundenanfragen auf.
Meeting-Mentalität? Rauher Ton und passives Verhalten!
Ich saß also mit im Meetingraum und hörte aufmerksam zu. Zunächst war ich etwas verwundert, dass mehrfach betont wurde, dass der Kunde mit Respekt behandelt und sich bei verspäteter Rückmeldung höflich entschuldigt werden soll. Für mich ist das common sense. Für meine Kinder auch.

Aber dann fiel mir auf, warum das in dieser Konstellation als notwendig erachtet wurde. Denn als die Geschäftsleitung in die Debatte einstieg, änderte sich schlagartig der Ton. Während der Vertriebsleiter zuvor noch informativ, sachlich und nüchtern die Vorzüge wertschätzender Kommunikation erläuterte, wurde die Wortwahl nun rauer. Satzfetzen wie „das geht gar nicht“, „wollen wir hier nicht mehr sehen“, „absolutes No-Go“ wurden verwendet, um vergangenes Mitarbeiterverhalten plakativ zu bewerten.
Eine ganze Belegschaft im verbalen Schwitzkasten
So rede ich nicht mit meinen Kindern. Aber so redete die Geschäftsleitung. Sie schimpfte ihre Mitarbeiter regelrecht aus. Sie konfrontierte nicht einen Mitarbeiter in einem Vier-Augen-Gespräch mit vergangenen Verfehlungen, die korrigiert werden müssen. Sie nahm ihre gesamte Belegschaft in den Schwitzkasten, alle bekamen gleichermaßen eine verbale Abreibung, ungeachtet dessen, dass es sich bei den Beispielen offensichtlich um Einzelfälle in Einzelsituationen mit Einzelpersonen handelte.
Die Mitarbeiter waren bemüht, die Kritik professionell aufzunehmen, aber das betretene Schweigen und die Betroffenheit lagen bleiern in der Luft. Als das Meeting vorbei war, standen die Mitarbeiter auf und verließen betroffen und erschöpft den Raum - die letzte halbe Stunde hatte allen die Kraft geraubt, auch denen, die eigentlich motiviert ins Meeting gekommen waren.
Kommunikationsebenen der Transaktionsanalyse
Was war passiert? Beim Betrachten der Situation fiel mir sofort die Transaktionsanalyse des Psychoanalytikers Eric Berne ein. In diesem Kommunikationsmodell von 1957 wird der Bezug von Verhaltensmustern einzelner Persönlichkeitsformen im Zusammenhang mit ihrer Kommunikation durch das Konzept der Ich-Zustände und den vier Lebensanschauungen beschrieben.
Die Geschäftsleitung hat eine simple Regel des konstruktiven Austausches gebrochen.
Die Transaktionsanalyse fördert ein tieferes Verständnis für eigene Verhaltensmuster und die anderer Menschen, insbesondere durch das Konzept der Ich-Zustände und der vier Lebensanschauungen.
So agiert jeder Mensch agiert aus drei Ich-Zuständen: dem Kind-Ich, dem Eltern-Ich und dem Erwachsenen-Ich. Diese Zustände wirken wie innere Speicher, die frühkindliche Erfahrungen festhalten und beeinflussen unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Diese drei Zustände sind in jedem von uns gleichzeitig aktiv und werden in der Kommunikation durch unsere Wortwahl, Tonlage, Mimik und Gestik sichtbar.
Die drei Ich-Zustände im Detail:

* Das Erwachsenen-Ich: Dieser Zustand erlaubt eine objektive und sachliche Perspektive, um auf die Realität im Hier und Jetzt zu reagieren. Das Erwachsenen-Ich ist rational und handelt respektvoll. Kommunizieren wir aus diesem Zustand, so begegnen wir anderen sachlich und gleichwertig.
* Das Eltern-Ich: Dieser Zustand spiegelt Verhaltensweisen wider, die wir von unseren Eltern übernommen haben. Er zeigt sich fürsorglich oder kritisch, kann aber auch autoritär auftreten. Im Gespräch äußert sich das Eltern-Ich, wenn wir andere belehren, kritisieren oder bemuttern.
* Das Kind-Ich: Dieser Zustand repräsentiert die emotionalen Reaktionen und Erlebnisse, die wir als Kind hatten. Es kann sich verspielt, ängstlich oder rebellisch zeigen und ist der Sitz unserer Fantasie und Neugier. Kommunizieren wir aus dem Kind-Ich, reagieren wir oft trotzig, albern oder unsicher.
Der Ton macht die Musik und wir schunkeln zwischen den Sprachebenen
In Gesprächen schalten wir unbewusst zwischen diesen Zuständen hin und her. Die dynamische Interaktion, die dabei entsteht, nennt man Transaktion – das Wechselspiel zwischen Ansprache und Reaktion der verschiedenen Ich-Zustände. Bewegt sich eine Person in einem professionellen Kontext aus der Sachebene, also der Erwachsenen-Ebene heraus, ist es für den Zuhörer sehr schwierig, auf der Erwachsenen-Ebene zu bleiben, auch wenn das die einzige sinnvolle Haltung wäre, um dem Gegenüber die fehlgeleitete Perspektive zu spiegeln. Häufig rutschen die Zuhörer viel eher in die Kind-Ich-Ebene, also: schimpft jemand mit mir, empfinde ich entweder Scham oder Trotz. Meine Reaktionen sind dementsprechend wegducken oder schulterzucken.
Und genau das konnte ich gut beobachten: Gut die Hälfte der Leute, die nach dem Meeting den Raum verließen, blickten entweder peinlich berührt oder verdrehten die Augen. Einige wenige behielten Form und Fassung, der Rest verhielt sich schlichtweg teilnahmslos.
Mitarbeiter sind Projektoren der Geschäftsleitung
Ist das Team motiviert, liegt es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit an einer Sprache auf Augenhöhe, an einem wertschätzenden Umgang und an einer Unternehmenskultur, die geprägt ist von Teamgeist nicht nur innerhalb der operativen Ränge, sondern bis hoch in die Unternehmensspitze und vor allem von ganz oben zu den Mitarbeitern hinunter.
Wer sich hinstellt und mit erhobenem Zeigefinger erwachsene Menschen vor versammelter Mannschaft maßregelt, paternalisiert, bevormundet oder sogar degradiert, wird das gesamte Team weiter demoralisieren und demotivieren.
In einem professionellen Kontext sollte das Erwachsenen-Ich dominieren, um eine sachliche und gleichwertige Kommunikation zu fördern. Doch in diesem Meeting rutschte die Geschäftsleitung in das autoritäre Eltern-Ich, was die Mitarbeiter oft in das Kind-Ich zurückwirft – hier gezeigt durch das Wegducken, peinliches Berührtsein oder schlichtes Schulterzucken. Ist diese Kommunikationsverhalten typisch, und das spiegelte das Feedback der Mitarbeiter, nehmen diese zunehmend die Kinds-Haltung als default ein. Proaktiv wird davon ausgegangen, dass ein Austausch auf Augenhöhe gar nicht zustande kommen wird, man richtet sich auf die Schelte regelrecht ein und wählt dazu kindliches Verhalten. Das manifestiert sich auch im Umgang miteinander (über den Chef wird gelästert), und den Kunden (man entschuldigt sich nicht für das zu-spät-Kommen), denn im Grunde ist es ja eh alles egal. So klingen Kinder, die sich von ihren Eltern nicht ernstgenommen fühlen und das äußert sich auch in ihrem Umgang mit ihren Aufgaben und ihrer Loyalität.
Schritte zur Verbesserung der Kommunikationskultur
Das muss aber nicht so sein. Ein gut strukturiertes, knackiges Coaching von Team und Vorgesetzten kann schnell Abhilfe schaffen und eine neue, gemeinsame, produktive Route schaffen. In diesem Falle in Form eines Workshops mit folgender Struktur:
Bewusstsein schaffen
Reflexionsworkshop mit der Geschäftsleitung: Erklärung der Transaktionsanalyse und der Ich-Zustände. Demonstration, wie der autoritäre Eltern-Ich-Zustand zu Demotivation führt und der Erwachsenen-Ich-Zustand als Basis für konstruktive Kommunikation dient.
Feedback-Runden etablieren: Schulung zur Feedback-Technik, die das Erwachsenen-Ich anspricht
Schulung des Teams
Kommunikationstraining für Mitarbeiter: Destruktive Kommunikation wahrnehmen und reagieren, ohne in das Kind-Ich zu rutschen.
Empowerment-Sitzungen: Erwachsenen-Ich-Stärkung für einen sachlichen Austausch.
Kommunikationsrichtlinien entwickeln
Verhaltenskodex erstellen: Gemeinsames Erarbeiten von Richtlinien für wertschätzende Kommunikation, die respektvolle und sachliche Kritik ermöglichen.
Regelmäßige Check-ins: Einführung regelmäßiger Meetings, um die Einhaltung des Verhaltenskodex zu reflektieren und kontinuierliche Verbesserungen zu ermöglichen.
Unternehmenskultur weiterentwickeln
Wertschätzende Kommunikation von oben fördern: Vorstellung langfristiger Vorteile von motivierender Sprache und respektvoller Umgangsweise im Unternehmen
Teambuilding-Aktivitäten: Förderung gezielter Aktivitäten, die den Teamgeist stärken und einen offenen, respektvollen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen.
In diesem Fall lag die Herausforderung vor allem darin, der Geschäftsleitung ihr Verhalten zu spiegeln und auf Alternativen hinzuwirken. Nur eine Geschäftsleitung, die bereit ist, sich der internen Kritik und den Neuerungen zu öffnen, kann mit diesen Maßnahmen ihr Team schnell und erfolgreich zurück in die Wirksamkeit bringen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, werden erste Erfolge schon in kürzester Zeit sichtbar. Bereits im Prozess macht sich Erleichterung im Team breit und Blockaden bei den Angestellten fallen. Einzelpersonen, die sich vorher dem Team und Unternehmen innerlich bereits abgewandt haben, wenden sich wieder zu und werden mitunter zum Fürsprecher und Treiber im Team.
Sie möchten die kommunikativen Herausforderungen in Ihrem Unternehmen oder Team in Angriff nehmen, dann lassen Sie uns Ihren individuellen Workshop planen. Sie erreichen mich unter den Kontaktdaten im Footer. Weitere Informationen zu meiner Kommunikationsberatung finden Sie hier.